Unternehmenswerte, d
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2021
In der Präambel der Vorstellung ihrer Unternehmenskultur erinnert Netflix daran, dass Enron, ein multinationales Unternehmen, das nach einem historischen Finanzskandal von der Bildfläche verschwand, die folgenden Unternehmenswerte vertrat: Integrität, Kommunikation, Respekt und Exzellenz.
Ohne Frage scheinen das Werte zu sein, auf denen ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut sein kann. Allerdings nützen die ‚beeindruckendsten‘ Werte nichts, wenn es nur leere Worthülsen sind. Wie können wir also sicherstellen, dass Unternehmenswerte wirklich der Realität entsprechen? Dass sie tagtäglich gelebt werden und sowohl die Vision als auch die Mission unterstützen?
Heute möchten wir Ihnen unsere Methodik zu diesem Thema vorstellen und hoffen, dass Sie Ihr Feedback dazu mit uns teilen. #share
Harold Laswell (Bild), der Mitbegründer der Unternehmenskommunikation definierte den berühmten Grundsatz: Wer sagt was zu wem über welchen Kanal mit welchem Effekt. Die Werte sind das Kernstück des „Wer“. Sie ziehen sich daher durch das gesamte Modell, bis hin zu den Wirkungen.
Die Bedeutung von Werten für den Erfolg eines Unternehmens wurde von Collins und Porras in „Built to last„, einer Pflichtlektüre für jede Führungskraft, ausführlich beschrieben und dadurch populär gemacht.
Unsere Werte sind vor allem Maßstäbe, die die richtige Art zu handeln definieren.
Durch ein individuelles Interview mit jedem Mitarbeiter wurde eine Liste von Stimmungen und Schlüsselwörtern herausgearbeitet, indem Fragen gestellt wurden wie:
– Was repräsentiert Padam Mobility am besten?
– Warum ist dieses Unternehmen einzigartig?
– Was ist Deine persönliche Aufgabe bei Padam Mobility?
– Welche Aspekte tragen dazu bei, dass Padam Mobility funktioniert?
– Und welche bewirken das Gegenteil?
– Was beeindruckt Dich am meisten an Deinen Kollegen? Was vermisst Du?
– Was hat Dich überrascht, als Du bei Padam Mobility angefangen hast?
Ein Unternehmen mit einem kleinen Team hat es leicht, eine schnelle Befragung unter allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen durchzuführen. ‚Größere‘ Unternehmen, ab etwa 40 Mitarbeitern, können alternativ einen anderen Fokus wählen, beispielsweise nur ehemalige und neue Mitarbeiter befragen. Wenn es nicht die Möglichkeit gibt, Einzelinterviews durchzuführen, können auch Fragebögen per Mail an das gesamte Unternehmen verschickt werden.
Eine genaue Analyese aller Antworten ergibt schließlich eine Liste, deren Inhalte zu klaren ‚To Dos‘ umformuliert werden müssen. Nichts ist kontraproduktiver, als eine Dokument, das bloß ‚gute Vorsätze‘ enthält.
Wir wollten Werte benennen, die den Bullshit-Detektor bestehen. Also gaben wir jedem Wert ein positives Gegenstück.
Der Stringenz stellten wir zum Beispiel die Dehnbarkeit entgegen. Der Stärke setzten wir Finesse entgegen, der Aktion setzten wir Reflexion entgegen, usw.
Der Bullshit-Detektor besteht darin, die Wirkung einer Botschaft zu bewerten, indem man prüft, ob sie widerlegbar ist. Das heißt, ob jemand das Gegenteil von dem behaupten könnte, was Sie sagen. Wenn nicht, ist die Botschaft leer.
Zum Beispiel: „Ich will die Arbeitslosigkeit senken“ besteht diesen Test nicht, weil niemand will, dass sie steigt. Es ist keine einprägsame Botschaft. „Ich will die Arbeitslosigkeit der über 55-Jährigen durch geförderte Verträge über einen Zeitraum von 5 Jahren senken“, besteht diesen Test dagegen mit Bravour.
Anschließend führten wir eine Umfrage unter allen Mitarbeitern durch, in der wir genauer nach den Werten fragten, die sich während der Einzelinterviews herauskristallisiert hatten. Um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten, sollten sich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf einer Achse zwischen zwei entgegengesetzten, aber positiven Werten positionieren. Wir baten alle Teilnehmer einzuschätzen, welchen Wert das Unternehmen am meisten schätzt, und wollten auch wissen, welcher Wert für sie selbst am wichtigsten ist. So konnten sich beispielsweise die Werte „Wohltat“ und „Pflicht“, „Eigenverantwortung“ und „kollektive Verantwortung“ oder auch „Vielseitigkeit“ und „Spezialisierung“ auf der Achse gegenüber liegen.
Es ist unerlässlich, das Team nach den Werten des Unternehmens zu fragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Mitarbeiter und Management auf einer Wellenlänge sind. Für ein Unternehmen wäre es fatal, wenn die Wertevorstellungen der Mitarbeiter sich grundlegend von den Wünschen der Unternhemensleitung unterscheiden. Auf Dauer kann so keine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen.
Wir sind effizient, weil wir an die Werte unserer Mission glauben, sowohl in ökologischer als auch in sozialer Hinsicht. Im Kern unseres Handelns sind es menschliche Überlegungen, die uns täglich zusammenschweißen. Daher kommt der kollektive Ehrgeiz, jedes Problem auf unserem Weg zu überwinden, und die Energie, die wir zur Lösungsfindung aufbringen.“
Benoît Casoatto – CTO von Padam Mobility
Anhand von 18 x2 Fragen konnten wir jeden der Werte und seine Umkehrung auf entsprechenden Achsen platzieren. Dieser Prozess war recht aufwendig und sicherlich nicht der spannendste Teil des Verfahrens. Aber die gesammelten Daten erlaubten es uns, die Kernaussagen festzulegen und entsprechende Maßnahmen formulieren zu können.
Diese Phase fand während einer gemeinsamen Tagung aller Mitarbeiter außerhalb des Unternehmens statt. Für uns war dieser Schritt die perfekte Gelegenheit, um zu einem Kollektiv zusammenzuwachsen. Während der Versammlung ging es jetzt darum, die Ergebnisse der Umfrage auf einem Diagramm mit den folgenden Achsen zu platzieren:
Die sogenannten „Nightmare Zones“ zeigen Unstimmigkeiten: also, wenn sich das Management von Padam Mobility und seine Mitarbeiter nicht einig sind, wie wichtig bestimmte Werte sind.
Unten links („c’est pas nous“ – „das sind nicht wir“), was uns nicht repräsentiert: Werte, die für das Padam Mobility-Management und auch für die Mitarbeiter gleichermaßen kaum wichtig ist.
Die kleinen blauen Dreieckige stellen Werte dar, die nur auf bestimmte Gruppen von Mitarbeitern und die Unternehmensführung zutreffen. Diese Aspekte müssen in Zukunft stärker berücksichtigt werden.
Das obere Dreieck auf der rechten Seite entspricht schließlich den Übereinstimmungen: hier wird ersichtlich, welche Wertevorstellungen sowohl das Unternehmen als auch Padam Mobility’s Mitarbeiter haben.
Wir haben diese Ergebnisse vor dem gesamten Team präsentiert, hier sind die Werte, die sich in unserem sogenannten „Sweet Spot“ abgezeichnet haben:
• Anpassungsfähigkeit (eher als Überzeugung)
• Widerstandsfähigkeit (eher als Stärke)
• Fürsorge (eher als Forderung)
• Kollektive Verantwortung (eher als individuelle Verantwortung)
• Der Eisbrecher (eher als der Sturrkopf)
• Funktional (eher als technisch)
Aus diesen Ergebnissen haben wir aussagefähige Konzepte abgeleitet und zu 4 Werten bzw. Botschaften synthetisiert. Diese Werte können auch durch Ausdrücke dargestellt werden („Erledigt ist besser als perfekt“, zum Beispiel). Die Darstellungsweise ist nicht wichtig, wichtig ist, dass die Botschaft deutlich ist.
Der Übergang von Begriffen zur Formulierung von Wertvorstellungen ist der Schlüssel, und es gibt keine ‚beste‘ Methode. Wahrscheinlich bedarf es hierbei einer Mischung aus Intuition, Mut und Aufrichtigkeit. Die Unternehmensleitung oder auch die Mitgründer sollten bei diesem Schritt die Verantwortung übernehmen. Natürlich können interne Mitarbeiter in den Prozess mit einbezogen werden, allerdings eher um die Ergebnisse zu validieren, nicht um sie zu definieren.
• Wir bewerten unser Handeln anhand der Auswirkungen (‚impact‚) auf Anwender, unsere Umwelt und auf die Gesellschaft, in der wir leben.
• Wir teilen (‚share‚) unsere Verantwortung. Jede Aufgabe ist eine kollektive Aufgabe. Jeder Transport ist ein kollektiver Transport.
• Wir kümmern (‚care‚) uns um den Umgang innerhalb des Unternehmens, aber auch außerhalb. Unsere Fürsoge untereinander bildet das Fundament unserers Erfolgs.
• Wir verfolgen einen schlanken (‚lean‚) Ansatz bei dem, was wir tun. Wir konzentrieren uns auf den unmittelbaren Nutzen.
Wir haben uns entschieden, 4 Werte in den Vordergrund zu stellen. Es hätten auch drei sein können, oder mehr als vier, aber Vorsicht: Netflix hat 9 Werte formuliert, was für uns zu viel ist. Wir persönlich haben das Gefühl, zu viele Werte könnten ablenken und die eigentlichen Botschaften verwässern. Jedes Unternehmen muss für sich selbst entscheiden, welche Lösung die für sie richtige ist.
Im Rahmen unserer kleinen Exkursion, haben wir nach der Präsentation der 4 Unternehmenswerte Teams, bestehend aus jeweils 5 Personen, gebildet. Jedes Team wurde dann gebeten, die folgenden Werte näher zu definieren:
• Verhalten, das unsere Unternehmenswerte unterstützt
• Verhalten, das nicht akzeptiert werden kann
• Eine Redewendung
• Ein Zitat
• Eine ‚echte‘ Person, die die Werte repräsentiert
• Eine imaginäre Person, die die Werte repräsentiert
Ein Beispiel für den Wert ‚Impact‘:
Unter diesem Link können Sie alle Ergebnisse zu unseren 4 Unternehmenswerten finden (zögern Sie nicht, den Zugriff anzufragen). Wir sind sehr stolz auf die Ergebnisse, denn unsere Unternehmenskultur macht aus uns scharfsinnige, aufrichtige und ausdauernde Persönlichkeiten.
Wir teilen ein gemeinsames kulturelles Fundament.
Durch die Formulierung gemeinsamer Werte, kennen wir die Faktoren, für eine langfristige erfolgreiche Zusammenarbeit und können Verhaltenensweisen und Fähigkeiten fördern, die wir alle schätzen. Außerdem fällt es uns so leichter, zukünftige Mitarbeiter gezielter anzusprechen und zu entscheiden, ob eine Person zum Unternehmen passt oder nicht. Die Frage „Was passiert, wenn eine Person sich gegenteilig zu unseren Werten verhält?“ lässt sich also leicht beantworten. Eine gemeinsame Wertevorstellung ist wichtig, alles andere würde beide Parteien auf Dauer unglücklich machen.
Das geschieht bereits während des Bewerbungsprozesses: Wenn ein Bewerber oder eine Bewerberin seine oder ihre Unterlagen einsendet, wird er oder sie gleichzeitig aufgefordert eine Frage zu beantworten, die sich auf unsere Werte bezieht. Außerdem sind unsere Unternehmenswerte immer fester Bestandteil während der persönlichen Bewerbungsgespräche. Während des Onboarding-Prozesses werden unsere Werte zudem noch einmal ausführlicher erklärt. Jede Präsentation vor dem Team ist also eine gute Gelegenheit, die Übereinstimmung zwischen unserem Handeln und unseren Werten aufs Neue hervorzuheben.
Wie wir es schaffen, unsere Werte langfristig mit Leben zu erfüllen? Darüber werden wir in einem anderen Artikel berichten.
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