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Gedankenaustausch zu mobility as a service (maas) mit kisio digital

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27

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05

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2021

Wir haben uns mit Bertrand Billoud, dem Kommunikationsleiter bei Kisio Digital, dem Technologiepartner von Padam Mobility getroffen und ihn zum Thema Mobility as a Service (MaaS) befragt. Lesen Sie hier seine Gedanken zum Thema! 

Welchen Mehrwert bietet Kisio Digital, wenn es darum geht das Konzept von MaaS voranzutreiben?

Bertrand Billoud (BB): Der eigentliche technologische Beitrag von Kisio Digital bei der Entwicklung von regionalen, nationalen oder städtischen MaaS, wie in Lille im Ilevia-Netzwerk mit Padam Mobility, basiert auf unserem Navitia-Fahrgastinformationssystem. Multimodale/ intermodale Reiseauskünfte, die immer mehr Transportmittel abdecken, sind der Kern unserer Expertise. Wir sind ein MaaS-Ermöglicher. Allerdings sprechen wir in diesem Zusammenhang viel zu selten über die Nutzer, denn die eigentliche Herausforderung von MaaS-Lösungen sind die Bedürfnisse der Nutzer. Wenn wir uns auf eine MaaS-Logik einlassen, muss die Nutzung die Innovation und kontinuierliche Verbesserung digitaler Dienste vorantreiben.

Unser White Paper vertritt die Vision eines solidarischen MaaS, das näher an den Gebieten sein sollte, die am meisten von neuen Mobilitätsangeboten profitieren würden, beispielsweise Orte mit geringer Bevölkerungsdichte. Wie kann die Entwicklung der intermodalen Logik diesen Gebieten zugutekommen?

BB: Das Interessante an MaaS ist, dass es die Frage nach dem Sinn der Ziele, die wir uns setzen, und den Ressourcen, die wir mobilisieren, um die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen eines Gebiets in Bezug auf die Mobilität zu bewältigen, aufwirft. Was wollen wir mit MaaS erreichen? Wollen wir die Verkehrsbelastung begrenzen, die Mobilität für Menschen mit Handicap erleichtern, uns auf den Tourismus konzentrieren, sanfte Transportmittel fördern…? Je nach Kontext wird die gewählte Lösung unterschiedlich ausfallen. Das Angebot muss an die unterschiedlichen Herausforderungen der jeweiligen Gebieten angepasst werden.

Die von den politischen Entscheidungsträgern gesetzten Prioritäten, geben die Richtung für MaaS vor. Das Aufzwingen von Verkehrsmitteln, die von der Lebenswirklichkeit völlig losgelöst sind, ist nicht die richtige Strategie. Ich denke, in diesem Punkt stimmen wir mit Padam Mobility überein: wir sind davon überzeugt, dass die Integration von Mobilitätslösungen wohlüberlegt erfolgen und auf spezifische lokale Probleme, wie den ungleichen Zugang zu Verkehrsdienstleistungen in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte, reagieren muss.

Kann MaaS denn überhaupt das richtige Werkzeug in peri-urbanen oder ländlichen Gebieten sein?

BB: Es kommt auf den lokalen Kontext an. Es ist wichtig zu erkennen, dass digitale Werkzeuge nicht die Lösung für alle Missstände in der Gesellschaft sind, insbesondere im Bereich der Mobilität. Die Herstellung von digitalen Werkzeugen ist auf dem Papier eine gute Sache. Es erfordert jedoch eine Menge Kommunikations- und Marketingarbeit, um die Öffentlichkeit zu erreichen und die Nutzung der Tools zu fördern. Wir müssen die neuen digitalen Möglichkeiten einem breiten Publikum zugänglich machen, sonst haben wir die Schlacht bereits verloren. Es ist gut und schön, ein nützliches Produkt entwerfen, aber das Wichtigste ist, ein Produkt zu entwerfen, das von vielen Menschen genutzt wird.

Man sollte sich auch nicht immer nur auf die digitalen Anwendungen verlassen, menschliche Aspekte sind genauso, wenn nicht umso mehr, wichtig. Das versuchen wir auch bei Kisio Digital zu vermitteln. Schließlich entwickeln sich die Nutzungsgewohnheiten ja auch weiter, das „U-Bahn-Arbeit-Schlafen“ an fünf Tagen in der Woche trifft längst nicht auf alle Menschen zu. Deshalb muss es die Hauptaufgabe von MaaS sein, unsere Lebensstile zu berücksichtigen und beispielsweise Points of Interest und intermodale Hubs mit Wohngebieten zu verbinden.

In vielen Großstädten tendiert das Mobilitätsangebot immer mehr zur Individualisierung mit gemeinsam genutzten Verkehrsmitteln, die sicherlich teurer und weniger sanft sind, als man ihnen nachsagt (z. B. Elektroroller, E-Bikes, Leihwagen etc.). Wie kann sich ein MaaS-System in diese Dynamik einfügen und es außerdem schaffen, positiven Einfluss auf das Verhalten der Menschen in urbanen und peri-urbanen Gebieten auszuüben?

BB: Der Mobilitätssektor ist politisch. Was als ‚positives‘ Nutzungsverhalten gewertet wird, wird in erster Linie von den Mobilitätsorganisationsbehörden beeinflusst . Dies kann je nach Kontext das Radfahren, der öffentliche Nahverkehr oder die Bildung von Fahrgemeinschaften sein. Auf jeden Fall müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass alle Formen der Mobilität, mit Ausnahme des Gehens und des nicht-motorisierten Radfahrens, ökologische Auswirkungen haben, und wir müssen versuchen, diese zu begrenzen. Digitale Dienste (Algorithmen, Daten, etc.) können auf verschiedene Probleme (sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Art) reagieren, unser Leben vereinfachen, aber das allein wird nicht ausreichen. Ich denke, dass wir als Bürger auch eine Rolle dabei spielen müssen, die Auswirkungen unserer Mobilität zu reduzieren. Und im aktuellen Kontext, mit der Entwicklung von Home Office und Videokonferenzen, ist auch die ‚Nicht-Mobilität‘ Teil dieser Gleichung, die wir als Mobilitätsmix bezeichnen könnten. Um ein positives Nutzungsverhalten zu fördern, darf MaaS nicht radikal sein. MaaS muss den sogenannten „Mobilitätsmix“ fördern, also die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel je nach Kontext. Konkret: In manchen Bereichen ist das Auto nicht mehr wegzudenken. Das Auto kann immer noch eine wichtige Rolle im Verkehrssystem spielen, vorausgesetzt, dass es mit sanften, gemeinsam genutzten Verkehrsmitteln kombiniert wird und dass andere Nutzungen des Autos, wie Fahrgemeinschaften, begünstigt werden. Es ist zum Beispiel denkbar, Parkmöglichkeiten an einem Mobilitätsknotenpunkt zu schaffen oder Zubringer-Dienste zum öffentlichen Verkehrsnetz einzurichten.

Das Thema MaaS bringt eine Vielzahl von Akteuren zusammen, was natürlich die Frage nach der ‚richtigen Steuerung‘ aufwirft. Unter Berücksichtigung der sozialen und ökologischen Rolle von MaaS, was wäre die ideale Verwaltungsform?  Welche Akteure eignen sich am besten für die Aufgaben der Entwicklung, Steuerung und Integration?

BB: Genau diese Vielfalt an Akteuren ist es, die MaaS stark macht. Serviceorientierte Mobilität muss ein gemeinsames Thema sein, das eine starke Zusammenarbeit erfordert. Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Betreibern, gewerblichen Akteuren wie Kisio Digital oder Padam Mobility, aber auch Verbänden, die sich für die positive Nutzung von Mobilitätsmöglichkeiten einsetzen. MaaS erfordert Allianzen, aber es sind die Mobilitätsorganisationsbehörden, die eine Steuerungsfunktion innehaben müssen. Selbstverständlich müssen die Spielregeln festgelegt sein, die Spieler und Angebote überwacht werden. Im öffentlichen Raum darf keine Anarchie der Mobilitätsangebote herrschen, daher ist eine  vertrauenswürdige Drittpartei absolut notwendig, um sicherzustellen, dass unsere Daten nicht in undurchsichtigen Systemen landen, die bestimmte Verkehrsmodi bevorzugt behandeln. 

Diese Strukturierung muss intelligent erfolgen und es ist wichtig, dass sich jeder auf sein Kerngeschäft konzentriert. Für Kisio Digital ist dies beispielsweise die Bereitstellung von Reiseinformationen. Wir müssen Allianzen und Partnerschaften finden, anstatt zu versuchen, alles alleine zu machen.

Es bedarf einer Vorstellung von Gemeinsamkeit und Kooperation, die die Qualität der Dienste und ihre digitale Souveränität vorantreiben müssen. Ein Beispiel: Unsere Navitia-Lösung ist Open Source: So können wir Ressourcen und Kosten bündeln und uns so auf eine gemeinsame Roadmap einigen, um uns kontinuierlich zu verbessern.

Inwieweit sind Unternehmen wie Kisio Digital oder Padam, die White-Label-Services anbieten, Förderer von MaaS-Lösungen?

BB: Tatsächlich stehen wir hauptsächlich mit öffentlichen Akteuren bezüglich der Vergabe von Aufträgen in Kontakt und helfen ihnen, ihre Dienstleistungen für Fahrgäste zu verbessern. Uns ist es sehr wichtig, allen Nutzern ein perfektes Serviceerlebnis zu bieten. Das ist eine Vision, die wir mit Padam Mobility teilen. Wir wollen zuverlässige Transportdienste entwickeln, in dem jeder sorgenfrei Platz nehmen kann, DRT und auch andere öffentliche Transportmittel haben das Potential, zum Wohlbefinden der Nutzer beizutragen.

Wie auch Ihr, definieren wir uns als MaaS-Ermöglicher. Für uns geht es besonders darum, Reisende umfassend zu informieren. Alle Beteiligten, wir und die Nutzer, haben einen größeren Mehrwert, wenn wir verlässliche Reiseinformationen bieten, als wenn wir versuchen würden, alles selbst zu machen. Wir versuchen auch, den Menschen den Wert und die Bedeutung des öffentlichen Verkehrs zu vermitteln und versuchen, zum Wohlbefinden der Nutzer von Mobilitätsdienstleistungen beizutragen. Das Beispiel von Transport for London (TfL) ist recht aufschlussreich. Im vergangenen Sommer veröffentlichte die Londoner Verkehrsbehörde eine Applikation, die sich speziell auf Dienstleistungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität konzentriert. Private Akteure, die MaaS-Dienste betreiben oder B2C-Mobilitätsanwendungen anbieten, behandeln diese Art von Thema nicht unbedingt mit Priorität. Allerdings müssen wir uns diesen Aufgaben viel stärker annehmen, um die öffentlichen Player dabei unterstützen zu können. Die digitalen Lösungen, die wir auf White-Label-Basis anbieten, sind Bestandteil des öffentlichen Interesses und des öffentlichen Dienstes. Das ist auch ein wichtiger Aspekt, der uns von anderen MaaS-Anbietern unterscheidet.

 

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Kisio Digital, eine Tochterfirma der Keolis-Gruppe für den Bereich digitale Services, betreibt die Fahrgastinformationsplattform Navitia. Das hauseigene multimodale Reiseinformationssystem Navitia empfängt mehr als 8 Milliarden Anfragen pro Jahr und ermöglicht den Zugriff auf eine Vielzahl lokaler Mobilitätsdienste, die multimodale (Verkehrsmittelvergleich), intermodale (Verkehrsmittelkombination), Tür-zu-Tür- und Echtzeit-Routensuche umfassen. Das Unternehmen ist auch ein wichtiger Akteur bei der Verwaltung und Qualitätskontrolle von Mobilitätsdaten, um möglichst zuverlässige Informationen für Reisende zu liefern. Ähnlich zu Padam Mobility, sind die Hauptkunden von Keolis Digital im Rahmen von MaaS-Projekten Mobilitätsorganisationsbehörden (AOM) wie Île-de-France Mobilités im Großraum Paris oder SYTRAL in Lyon, aber auch andere Akteure wie zum Beispiel SNCF, Keolis oder Mappy gehören zu ihren Kunden.

 

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